Der Blick in die Weite und in die Tiefe – Fotografische Perspektiven auf die ETH Geschichte
„Wissenschaftsfotografien aus dem Bildarchiv der ETH Bibliothek“ heisst ein Fotobuch, das in diesen Tagen im Verlag Scheidegger & Spiess herausgekommen ist. Es vermittelt überraschende fotografische Einblicke in die Geschichte dieser Hochschule.
Zum Bild: ETH Professor Hans Eduard Fierz (1882-1953) im Hörsaal für anorganische Chemie, 1917. Ansichtensammlung. Signatur Ans_01130
Die Wissenschaftsfotografie und ihre Geschichte sind in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt. So ist es auch zu erklären, dass das Museum für Fotografie in Winterthur unter dem Titel „Crossover“ zeitgleich eine Ausstellung mit Fotos aus der Wissenschaft zeigt (noch bis zum 17.November). Im digital brainstorming Podcast geht Michael Gasser, einer der beiden Herausgeber des Buches, den Gründen für dieses gestiegende Interesse nach.
Mikrofotografische Untersuchungen von Papierfasern. Photographisches Institut für die Cellulosefabrik Atthisholz 1943. Signatur PL_43-G-0066
Die aktuelle Publikation ermöglicht spannende Einblicke in die Wissenschaftsgeschichte. Die ETH Zürich wurde 1855 gegründet. 1886 hat das fotografische Institut der ETH seine Arbeit aufgenommen und diesem Institut ist es wohl auch zu verdanken, dass Geschichte der Institution aber auch der Forschung so gut dokumentiert sind. Wer im Buch blättert oder die Einleitung der Historikerin Monika Burri liest, wird bald feststellen, dass es ganz unterschiedliche Typen von Fotos gibt: Bilder von Personen und Räumen wie etwa Hörsääle und Labors. Auf der anderen Seite stehen Bilder, welche Teil der wissenschaftlichen Forschung sind: Dazu zählen Versuchsanordnungen und viele mikroskopische und makroskopische Aufnahmen – aber auch eine Vielzahl von astronomischen Aufnahmen. Erst die Fotografie hat in der Geschichte der Wissenschaft den Blick in die Tiefe und gleichzeitig den Blick in die Weite ermöglicht. Beide Bildtypen habe ihre eigene Ästhetik. Ein Magnesiumblitz erzeugt durch die Position der Kamera etwa einen fast dadaistischen Effekt. Es scheint, als wäre der Kopf des Forschers durch den Blitz verschwunden. In einem anderen Bild verblüffen die Proportionen: Da sitzt ein kleiner Mann an einem Pult und verschwindet doch im Bild fast unter einem gigantischen Trichter – ein Windkanal, so erfahren wir in der Bildlegende. Apropos Männer: Frauen sind auf den Bilder selten zu sehen. Das ist wohl auch ein Teil der geschichtlichen Realität. Albert Einstein – auch er dozierte einst an der ETH Zürich – ist auf einem Bild mit weiteren Dozenten des physikalischen Instituts: 8 Männer, 3 Frauen. Immerhin!
Michael Gasser, Nicole Graf und Monika Burri:
Forschung im Fokus: Wissenschaftsfotografie aus dem Bildatchiv der ETH-Bibliothek
Zürich: Scheidegger & Spiess 2013
Michael Gasser betreut an der ETH Zürich den Bereich Archive. Er ist damit auch mitverantwortlich für das Fotoarchiv der Hochschule und hat an der neusten Publikation“ Forschung im Fokus“ mitgearbeitet. Im Gespräch mit Dominik Landwehr spricht er über das neuerwachte Interesse an der wissenschaftlichen Fotografie, über die Fotosammlung der ETH Zürich und über die Zukunft der fotografischen Dokumentation in den Wissenschaften. Das Gespräch wurde am 18.Oktober 2013 in Zürich geführt. Länge 17 Minuten.
Messraum im ETH-Institut für Aerodynamik. Photographisches Institut 1955. Signatur: PI_55-RH-0129
Pilzkulturen im Erlenmeyerkolben. Photographisches Institut für Ernst Gäumann (1893-1963). ETH Professor für spezielle Botanik, 1946. Signatur: PI_46-C-0043
Windkanal am ETH-Institut für Aerodynamik, ca 1950. Bildnachlass des Instituts für Aerodynamik. Signatur Dia_240-088.
Magnesium-Blitz. Photographisches Institut 1928. Signatur: PI-28-A-0026
Laborexplosion. Photographisches Institut 1973. Signatur: PI-73-PF-0061
Bildnachweis: Alle Bilder wurden von der ETH Bibliothek zur Verfügung gestellt. Die jeweiligen Signaturen finden sich in den Bildlegenden.
Publiziert von Dominik Landwehr am 04.11.2013 09:44 in Lesen